Einschlägige Untersuchungen zeigen, dass die Anzahl der Pitches in den letzten Jahren gestiegen, sich deren Häufigkeit pro Kunde erhöht und die Anzahl der pro Pitch beteiligten Agenturen in die Höhe geschnellt ist. Gründe hierfür sind sicher der wachsende Erfolgsdruck auf die Marketingentscheider bei Markenartikelunternehmen sowie deren zunehmende strategische Unsicherheit in Bezug auf die Nutzung der neuen digitalen Kommunikationskanäle sein.
Dabei scheint der klassische Pitch (also mehrere im Wettbewerb zueinanderstehende Agenturen Ideenskizzen für ein konkretes Kommunikationsproblem ausarbeiten und präsentieren zu lassen) nach wie vor die beliebteste Methode zu sein, potenzielle neue Agenturpartner zu finden beziehungsweise deren Eignung für die angedachten Projekte zu testen. Effizientere Alternativen zum klassischen Pitch, wie z.B. der Agency Chemistry And Competence Workshop (ACAC) oder das Testprojekt sind leider noch eher die Ausnahme (Falls Sie daran interessiert sind, mehr über diese alternativen Selektionsverfahren zu erfahren, freut sich der New Business Doctor über Ihre Kontaktaufnahme).
Gehörte es früher zum guten Ton, die am Pitch teilnehmenden Agenturen mit einem sogenannten Pitch-Honorar für deren Aufwand zumindest anteilig zu entschädigen beziehungsweise zu motivieren, überhaupt an einem Pitch teilzunehmen, spart man sich in Marketingkreisen diese Aufwandsentschädigung bedauerlicherweise heute in vielen Fällen. Größtenteils wohl auch auf massiven Druck der Einkaufsabteilungen hin, die hier natürlich weiteres Kostensparpotenzial sehen.
Aber auch, wenn es viele Werbetreibende scheinbar längst vergessen oder verdrängt haben, es gibt durchaus gute Gründe für werbetreibende Unternehmen die am Pitch teilnehmenden Agenturen finanziell zu entschädigen.
Ein Drittel hat noch nie Pitch-Honorar gezahlt.
Die W&V zitiert in einem Beitrag vom Januar 2014 [hier] eine Studie zum Thema Pitch-Honorare, des Kölner Beratungsunternehmens Inverto, wonach knapp ein Drittel der befragten Entscheider bei werbetreibenden Unternehmen noch nie ein Pitch-Honorar gezahlt haben. Für die Zukunft erwarten 61 Prozent der Befragten noch mehr Pitches ohne Honorare. Qualitätseinbußen bei Agenturpräsentationen befürchten sie deswegen nicht. Auch wenn die Datenlage laut W&V mehr als dünn ist: Das wenig ermutigende Umfrageergebnis deckt sich mit den Erfahrungen der Agenturchefs, die seit Jahren über die zunehmende Anzahl von Gratis-Pitches klagen.
4 gute Gründe als Werbetreibender ein angemessenes Pitch-Honorar zu zahlen:
1. Rechtssicherheit. Zwischen dem Werbetreibenden und den Agenturen kommt ein (Pitch-)Vertrag zustande, in dessen Rahmen auch Fragen der Vertraulichkeit sowie der späteren Rechteübertragung und der Nutzungsrechte dezidiert und rechtssicher geregelt werden können. Nicht selten kommt es vor, dass mehrere am Pitch beteiligte Agenturen sehr ähnliche Ideen präsentieren und sich im Pitch unterlegene Agenturen später gegen eine vermeintliche Ausbeutung "ihrer Idee" auf dem Rechtsweg verwehren. Ohne entsprechend formulierten Pitchvertrag, könnten Informationen über den Pitch oder dessen Inhalte vom Auftraggeber ungewollt an die Fachpresse und damit an die Öffentlichkeit gelangen.
2. Bessere Qualität. Gehen Sie als Werbetreibender davon aus, dass Agenturen, deren Pitch-Teilnahme durch ein Pitch-Honorar vergütet wird, besser motiviert sind, optimale Leistung zu erbringen und es sich sogar leisten, hier und da zusätzliche externe Ressourcen für die besten Lösungen einzusetzen, die sie ja dann aus dem Pitch-Honorar finanzieren können. Als Werbetreibender, der ein angemessenes Pitch-Honorar zahlt, haben Sie also die Chance zwischen oft signifikant besseren Alternativen beziehungsweise Empfehlungen auswählen zu können.
3. Faires Auftraggeber-Image. Werbetreibende, die angemessene Pitch-Honorare zahlen, gelten in der Agenturbranche als faire Auftraggeber und haben es so leichter, ihre Wunschkandidaten unter den Agenturen von einer Pitch-Teilnahme zu überzeugen. Laut einer Studie der Pitch-Beratung Cherrypicker [hier] bekommt eine Agentur in Deutschland durchschnittlich 15 Pitch-Einladungen wovon gut drei Viertel von der Agentur abgelehnt werden. Markenartikler, die unbezahlte Pitches ausschreiben oder sonst wie als unfair empfundenen Konditionen diktieren, demontieren leicht ihr Image und riskieren darüber hinaus auf den schwarzen Listen der Agentur-Community (Ja, die gibt es wirklich! Siehe Ende dieses Beitrags.) zu landen.
4. Größere Auswahl. Auch, wenn sich die Agenturbranche inzwischen wohl damit abgefunden hat, auch an unbezahlten Pitches teilzunehmen zu müssen, lehnen viele der erfolgreicheren und besseren Agenturen die Teilnahme an unbezahlten Pitches nach wie vor konsequent ab. Gerade kleinere Spezialagenturen wollen oder können sich die spekulative Investition in einen Pitch nicht leisten und scheiden damit aus dem Pool potenzieller Agenturpartner von vornherein aus. Wer also kein Pitch-Honorar zahlt, muss möglicherweise auf die eine oder andere Erfolgsagentur für seinen Pitch verzichten und sich zwangsläufig mit einer kleineren Auswahl von B-Agenturen zufriedengeben.
Werbetreibende, die einen Pitch ausschreiben, sollten also unbedingt auf faire Konditionen achten, um den potenziell besten Agenturpartner finden zu können. Der New Business Doctor steht Marketingentscheidern in werbetreibenden Unternehmen auch als Pitch-Berater zur Seite und hilft Ihnen gerne dabei, den bestmöglichen Agenturpartner für die anstehenden Aufgaben und Projekte zu finden. Mehr zu diesem Beratungsangebot [hier].
Schwarze Schafe unter den Werbetreibenden.
Die Gesellschaft der führenden PR-Agenturen (GPRA) hat in Kooperation mit dem Verband Direkte Wirtschaftskommunikation (FAMAB) sowie der Rechtsanwaltskanzlei IRLEMOSER LLP es sich zur Aufgabe gemacht besonders krasse Fälle von unfairen Verhalten im Zusammenhang mit Ausschreibungen und Pitches öffentlich in einem Blog [hier] anzuprangern. In der Facebook-Gruppe "Pitchetiquette" [hier] tauschen sich Agenturen öffentlich über Schwarze Schafe unter den Werbetreibenden aus.