Je nach Quelle der Schätzung bieten allein in Deutschland circa 25.000 bis 30.000 Agenturen und sonstige Kommunikationsdienstleister ihre Dienste an. Da ist es für Auftraggeber wirklich schwer, die Scharlatane von den Profis zu unterscheiden und den passenden Agenturpartner zu finden. Für die andere Seite – also die Kommunikationsdienstleister heißt das aber auch, sich abzusetzen gegen eine Übermacht mehr oder weniger ähnlich qualifizierter Wettbewerber.
In diesem Beitrag möchte der New Business Doctor verraten, auf welche Eigenschaften die meisten Werbungtreibenden besonders achten, wenn es um die Auswahl des geeigneten Agenturpartners geht und den Agenturen ein paar Tipps geben, wie sie sich in gerade diesen wichtigen Selektionskriterien clever und attraktiv positionieren können.
Wonach suchen die meisten potenziellen Auftraggeber in ihrer neuen Agentur?
1. Branchenkenntnisse.
Es klingt verrückt, aber egal wie klein die Nische eines potenziellen Auftraggebers sein mag, das beste was einer potziellen, neuen Agentur passieren kann ist, dass sie bereits Erfahrung in diesem Nischenmarkt nachweisen kann. Der Hersteller von Nasenduschen steht also auf Agenturen, die bereits Werbung für solche Aparaturen gemacht haben, der Anbieter von kapazitiven Bewegungssensoren sucht bevorzugt nach Kreativpartnern, die sich in diesem sehr speziellen Marktsegment bereits auskennen.
Mein Praxistipp für Agenturen: Nutzen Sie Ihre Expertise und -soweit möglich und sinnvoll – positionieren Sie sich als Spezialagentur für eine oder wenige Marktsegmente. Mehr zum Thema Positionierung lesen Sie in meinen Beiträgen «Seid einzigartig und mehret euren Erfolg!» und «Mut zur Lücke: Nachhaltiger Agenturerfolg durch Spezialisierung».
2. Chemie.
Auch wenn Auftraggeber auf Agentursuche es meist nicht zugeben wollen, Chemie, also Sympathie und gemeinsame Werte sind, der zweitwichtigste Faktor, wenn es um die Agenturentscheidung geht. Da können strategische und kreative Ideen noch so gut sein, wenn der Planner ein autistischer Nerd und der oder die Kreative eine zickige Diva ist, wird es nichts mit dem Neukunden.
Mein Praxistipp: Achten Sie bereits im ersten Kennenlernmeeting genau auf wichtige zwischenmenschliche Signale. Finden Sie heraus, wie die Entscheider beim potenziellen Kunden ticken. Und stellen Sie ihr (Pitch-)Team auch gerade nach menschlichen Qualitäten auf den potenziellen Kunden passend zusammen.
3. Häuptlinge, statt Indianer.
Potenzielle Auftraggeber erwarten erfahrenes, seniores Personal im (Pitch-) Team potenzieller Agenturpartner. Die meisten reagieren verschnupft, wenn sich nach gewonnenem Pitch die inzwischen geschätzten Topleute der Agentur immer seltener sehen lassen. Ganz unabhängig davon, wie engagiert und professionell die zweite Garde inzwischen arbeitet.
Mein Praxistipp: Stellen Sie sicher, dass ihr Pitch Team mit genau den Leuten besetzt wird, die auch später auf dem Kunden arbeiten wollen und können. Wenn Ihr neuer Kunde Wert auf Häuptlinge legt, lassen Sie sich das entsprechend honorieren. Und Vorsicht, wenn Kunden sich bestimmtes Personal in den Agenturvertrag schreiben lassen! Die Personalfluktuation in Agenturen bleibt hoch und so ist mit dem scheidenden Personal auch schnell ein lukrativer Kunde wieder weg.
4. Geschäftssinn.
Auch wenn Agenturen letztlich im Kommunikationsbusiness tätig sind, nichts schätzen Agenturklienten mehr, als wenn sich ihre Agentur in das spezielle Businessmodel beziehungsweise die Branche einarbeitet und unternehmerisch denkt.
Mein Praxistipp: Oft reicht es heute nicht mehr, als Agentur nur in Kommunikationslösungen zu denken. Nutzen Sie Ihre kreative Ressourcen, um über den Kommunikationskosmos hinaus zu denken und echte Business-buildung Ideas zu entwickeln. Das können innovative Produkt-, Vertriebs-, Verpackungs-, Distributionsideen sein, die das Geschäft Ihres Kunden wirklich voranbringen. Das gilt übrigens auch schon für die Pitchphase.
5. Briefingkonformität.
Nichts nervt Kunden mehr, als wenn Agenturen scheinbar nicht verstehen, was das wirkliche Problem des Kunden ist, sein Briefing weitgehend ignorieren, ihrer Kreativität einfach freien Lauf lassen und Lösungen präsentieren, die den potenziellen Kunden entweder überfordern oder Probleme lösen, die der Kunde gar nicht hat.
Mein Praxistipp: Beschäftigen Sie sich eingehend mit dem Briefing. Lesen Sie auch zwischen den Zeilen. Stellen Sie viele schlaue Fragen. Bestehen Sie auf eine Re-Briefing-Session mit den Entscheidern beim Kunden und vergleichen Sie später Ihre präferierten Lösungsansätze mit der gültigen, abgestimmten Version des Briefings.
6. Transparenz und Mehrwert.
Es wundert mich immer wieder, wie groß die Vorbehalte bei Werbung Treibenden gegenüber Agenturen oft immer noch sind. Obwohl die Zeiten der verschwenderisch lebenden, Porsche-fahrenden Agenturchefs mit luxuriösen Ferienvillen in der Toskana längs vorbei sind, scheinen viele Entscheider in der Wirtschaft immer noch zu glauben, dass Agenturen ihre Kunden maßlos übervorteilen und ihre Dienste viel zu teuer anbieten.
Mein Praxistipp: Seien Sie in Ihrer Vertragsgestaltung so transparent, wie möglich. Erläutern Sie genau, für welche Leistungen Ihr Kunde zahlt und wie er selbst dazu beitragen kann, die Honorare so gering, wie möglich zu halten. Zeigen Sie auch immer auf, welchen Mehrwert Ihre Agentur für das Business Ihres Kunden erbringt. Definieren Sie dazu, gemeinsam mit Ihren Auftraggeber, messbare und faire KPIs.