Ich durfte dieser Tage einer Agentur dabei helfen, sich optimal auf die Konditionenverhandlungen zur Vertragsverlängerung mit einem Großkonzern vorzubereiten. Der Konzern ist der größte Kunde der Agentur und wie in fast allen Konzernen üblich wurde man zur turnusmäßigen Verhandlung vom Einkauf vorgeladen. Die Fachabteilung – also der eigentliche Leistungsnehmer, inhaltliche Entscheider und Ansprechpartner der Agentur im Tagesgeschäft – war (wie leider auch häufig) nicht geladen.
Die Entscheidung der Agenturinhaber, sich optimal auf diese Verhandlungen vorzubereiten und sich professioneller Unterstützung von aussen zu versichern, war goldrichtig. Ich erlebe leider immer wieder, wie Agenturen ziemlich blauäugig und schlecht vorbereitet in solche wichtigen Verhandlungen mit den Einkäufern gehen, die ja fast immer weit besser geschult und vorbereitet sind, als Agenturmanager.
In diesem Beitrag möchte der New Business Doctor einen wichtigen Teil der Vorbereitung auf Verhandlungen mit professionellen Einkäufern näher erläutern und Tipps zu solchen Verhandlungen geben, die dabei helfen können, optimale Verhandlungsergebnisse für die Agenturseite zu erzielen.
In meinem Beitrag «Einkauf - Plagegeister und Segensengel für Agenturen?» hatte ich näher erläutert, was Einkäufer in Markenartikelunternehmen eigentlich alles so machen, warum sie in vielen Unternehmen zunehmend an Einfluss und Macht gewinnen und ein paar Tipps zum Umgang mit diesen wichtigen Gatekeepern gegeben. Wenn Sie also bisher eher wenig Erfahrung mit dem Einkauf haben, lohnt es zunächst diesen Beitrag zu lesen.
In der Vorbereitung wichtiger Konditionenverhandlungen mit professionellen Einkäufern sollten folgende Punkte noch vor dem Meeting detailliert erarbeitet und die Rollen zwischen den Verhandlern der Agenturseite klar verabredet werden:
(1.) Agenda Setting
Sofern der Einkäufer die Agenda der Verhandlung nicht bereits vorgibt (aber das tun sie erfahrungsgemäß selten), sollte die Agentur dies zum Auftakt des Meetings tun und (Wichtig!) alle zu verhandelnden Punkte / Parameter auf den Tisch bringen. Tut man das nicht, werden Tür und Tor geöffnet für die gefürchtete «Salami-Taktik» der Einkäufer, bei der man einen Vertragsparameter isoliert ausverhandelt, nur um dann weitere Parameter zuungunsten der Agentur in die Verhandlung zu werfen.
(2.) Einleitung
Wichtig ist, in einer kurzen Einleitung die Ausgangssituation aus Sicht der Agentur darzulegen. Bei einem neuen Vertrag: Welche wichtigen Assets wird man einbringen, wie wird man zum Erfolg des Projekts / Unternehmens beitragen können. Bei Verlängerung von Verträgen: Wie hat sich die Zusammenarbeit entwickelt, wie haben sich die Umsätze / die Profitabilität auf dem Kunden entwickelt, welche Erfolge konnte man erzielen etc. Ziel ist es natürlich, die Agentur als wertvollen und unverzichtbaren Partner / Dienstleister zu präsentieren, und die relative Attraktivität des Kunden im Portfolio der Agentur zu relativieren, um die eigene Verhandlungsposition zu stärken.
(3.) Verhandlungsziele
Hier sollte auf Agenturseite detailliert besprochen und festgelegt werden, mit welcher Zielsetzung man in die Verhandlung geht.
(4.) Verhandlungsstrategie
Hier gilt es, detailliert festzulegen, mit welcher Strategie man in die Verhandlung gehen möchte. Da dieses Thema durchaus sehr komplex und individuell verschieden ausfallen kann, möchte ich hier nur einen wichtigen Aspekt vertiefen, bei dem es um das optimale und das minimale Verhandlungsergebnis geht und auch darum, was die Konsequenzen sind, für den Fall, dass das minimale Ergebnis nicht erzielt werden kann.
- Das optimale Verhandlungsergebnis, unter Verhandlungsprofis auch als MDO bezeichnet (Most desirable outcome), ist eigentlich selbsterklärend, sollte aber auf jeden Fall vorher definiert und abgestimmt werden.
- Das minimale Verhandlungsergebnis, auch LAA genannt (Least acceptable agreement), ist noch wichtiger. Hier definiert man, über welches minimale Ergebnis man nicht mehr hinausgehen wird, mit der möglichen Konsequenz, dass die Verhandlung scheitern kann, sollte der Verhandlungspartner, also der Einkäufer, nicht einlenken und zurückrudern.
- Und dann gibt es unter Verhandlungsprofis noch das BATNA (Best alternative to a negotiated agreement). Hier definiert man die Alternativen beziehungsweise Konsequenzen, sollte es nicht zu einer Einigung kommen, und wird sich klar darüber, ab welchen Punkt der Ausstieg aus der Verhandlung relativ günstiger ist, als ein weiteres Einlenken zuungunsten der eigenen Seite.
(5.) Abschluss
Im Abschluss der Verhandlung sollten die erreichten Verhandlungsergebnisse noch einmal kurz zusammengefasst werden, auch um Missverständnisse auszuschließen, bestimmt werden, wer das Ergebnis wie protokolliert und was die konkreten, terminierten nächsten Schritte sein werden.
Gut vorbereitet steigern Sie Ihre Chancen, ein aus Ihrer Sicht gutes Verhandlungsergebnis mit dem Einkauf erreichen zu können. Sie bestimmen die Agenda der Verhandlung und können schnell sichere Entscheidungen treffen, da Sie Ihre Verhandlungszone und mögliche Konsequenzen kennen.
Wie Sie Ihren Verhandlungserfolg weiter steigern, indem Sie sich in der Vorbereitung auch mit der Position des Verhandlungspartners beschäftigen erfahren Sie in einem weiteren Beitrag hier auf dem NB-DOC's Blog.
Sehr gerne hilft Ihnen der New Business Doctor in der professionellen Vorbereitung wichtiger Einkaufsverhandlungen als Coach oder auch in Form eines Workshops.
Mehr darüber, wie Sie Ihre Forderungen durchsetzen, lesen Sie in meinem Post «5 Strategien Ihre Honorarforderungen durchzusetzen.». Mehr darüber, wie Sie clever kalkulieren, um profitabel arbeiten zu können in meinem Post «Wie Sie Ihre Agenturstundensätze steigern und ein Grund, es vielleicht nicht zu müssen (Teil 1).». Mehr darüber, wie man mehr Angebote in Aufträge verwandelt, lesen Sie in meinem Post «Wie man mehr Angebote in Aufträge verwandelt.» und «Wie man Angebote schreibt, die zum Auftrag führen.». Wenn Sie wissen wollen, warum Sie viel zu billig anbieten, lesen Sie meinen Post «Warum Agenturen viel zu billig sind.».