Als ich in den noch fast goldenen Achtzigern in die Werbung kam, war es ganz selbstverständlich, dass man sein eigenes Büro hatte. Meins hatte übrigens schicke, USM-Haller Möbel, den unvermeidlichen Eames Bürostuhl von Vitra in rotem Leder sowie einen beruhigenden, weichen, grauen Teppichboden und befand sich bei Ogily One (damals noch Ogilvy Direct) in Frankfurt Sachsenhausen. Über Konzentrationsstörungen durch den heute üblichen Großraumbürolärm mussten wir uns noch fast ein Jahrzehnt lang keine ernsthaften Gedanken machen. Ganz im Gegensatz zu einigen unserer Kunden bei modernen Großkonzernen. Kein lautstark telefonierender Kollege störte unsere Produktivität, kein Telefondauergeklingel und Kollegengebrabbel hielt uns davon ab, kreativ und produktiv zu sein.
Wenn ich heute temporär vor Ort bei Kunden in Loft- und Großraumambiente arbeite, ist mein Noice-Cancelling-Kopfhörer mein treuer Mitstreiter im Kampf um ablenkenden Großraumbürolärm und lässt mich trotz Nervambiente optimal produktiv und konzentriert arbeiten. DACHTE ICH ZUMINDEST!
Nun empfiehlt mir heute der Produktivitätsguru und Nozbe-Erfinder Michael Sliwinski ein Produktivitätstool namens Noisli, dass im Namen der Produktivität genau das tut, was ich in meinem beschaulichen und ruhigen Home Office überhaupt nicht vermisse: «Ambient Noice» a la carte.
Die Macher der innovativen Produktivitäts-App berufen sich dabei auf eine in 2012 im Journal of Consumer Research veröffentlichte Studie mit dem schönen Titel «Is Noise Always Bad? Exploring the Effects of Ambient Noise on Creative Cognition», die – kurz gesagt – nahelegt, dass eine gezielte Dosis Umweltlärm nicht etwa die Konzentration störe, sondern der eigenen Produktivität sogar förderlich sein kann!
Die Theorie hinter Noisli ist konsequenterweise, dass ein dosierter, gleichmäßiger Umweltkrachteppich, wenn er mit ungefähr 70 Dezibel auf das geneigte Kreativarbeiterohr trifft, das Hirn stimuliert, die abstrakte Vorstellungskraft anregt und kreative Gedanken fördert.
Die Idee zur App des Berliner Freelance-Designer-Duos Stefano & Sabine soll wohl aus der vermeintlichen Isolation der beiden aus dem früheren Arbeitsumfeld entstanden sein, dass sie als zu wenig anregend und kreativitätsfördernd empfanden.
Inzwischen wurde der Ambient-Noice-Generator um einen praktischen Timer und eine ablenkungsfreie Textverarbeitung ergänzt.
Also ich fand's zunächst eher merkwürdig, muss aber zugeben, dass etwas dran ist, am produktivitätsfördernden Grundrauschen. Also am besten einfach mal selbst ausprobieren!