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Die 7 schlimmsten Briefingfehler, die Marketingentscheider machen können.

Foto: Felix Renaud - Canada für www.123rf.com

«Bullshit in – bullshit out.». So einfach ist das mit dem Briefing. Oder um Anton Bruckner zu bemühen: «Wer hohe Türme bauen will, muss sehr lange beim Fundament verweilen.» Das Briefing ist das wohl mächtigste Tool, dass Marketingverantwortliche besitzen, wenn es darum geht , herausragende Kommunikations- und Verkaufsförderungsmittel zu entwickeln. Aber mächtige Werkzeuge in falschen Händen können großen Schaden verursachen (denken Sie nur an Freddy Krueger!).

In diesem Beitrag möchte ich Marketingverantwortlichen vor den aus meiner Sicht schlimmsten Fehlern beim Briefen ihrer Agenturen und Kreativdienstleister bewahren und dazu beitragen, dass künftig aus besseren Briefings brillante Lösungen entstehen können.

Aber zunächst, was ist eigentlich ein Briefing?
Vereinfacht gesagt, ein Dokument, dass eine spezifische Aufgabenstellung beziehungsweise Zielsetzung beschreibt sowie alle zur Lösung der Aufgabe hilfreichen Informationen zur Verfügung stellt. Aber eigentlich ist «Briefing» auch ein Meeting in dessen Rahmen Marketingverantwortliche ihre Kreativdienstleister nicht nur beauftragen, sondern auch motivieren sollen, effektive Lösungen für spezifische Marketing- und Kommunikationsherausforderungen zu entwickeln.

Briefing from NEW BUSINESS DOCTOR – Helping Agencies to win Pitches

Und was gehört in ein gutes Briefing?

Aus meiner Sicht, mindestens die folgenden Informationen:

  • Eine kurze Beschreibung der Ausgangssituation (Was ist?)
  • Eine möglichst präzise Beschreibung des gewünschten Ergebnisses (Was soll sein?)
  • Eine anschauliche Beschreibung der Zielgruppe(n) und ihrer Motive, Einstellungen, Vorurteile etc. (Wer?)
  • Eine Schilderung der zur Verfügung stehenden Ressourcen (Unter welchen Umständen?)

Im Rahmen meiner Arbeit in und mit unzähligen Agenturen und Marketingabteilungen habe ich eine Vielzahl unterschiedlicher Briefingformulare und Prozesse kennenlernen dürfen, die mehr oder weniger aber immer die gleichen wichtigen Fragen beantworten. Mehr über das Thema Briefing lesen Sie auch in meinen Beitrag «Das Geheimnis einer wundervollen Partnerschaft – Wie Sie Ihre Kreativdienstleister richtig führen.» und erfahren Sie aus meiner Präsentation «Briefing – Libidokiller oder Potenzmittel für kreative Ideen.» auf Slideshare (im Kasten links).

In 30 Jahren Kommunikationsbranche habe ich sicher tausende Briefings erhalten, gelesen oder selbst geschrieben. Mit meiner Kontakterschule trainiere ich regelmäßig Agentur-Teams darin, schlechte Briefings besser zu machen und Marketingentscheider darauf, ihre Agenturen und Kreativdienstleister besser zu briefen. Dabei werden bestimmte Dinge leider immer wieder falsch gemacht.

Und deswegen hier nun endlich die (aus meiner Sicht) 7 häufigsten und schlimmsten Briefingfehler, die in der Regel wirklich gute Lösungen verhindern:

Fehler 1. Überhaupt kein Briefing zu schreiben.
Ja, ich weiß, Marketing besteht aus viel mehr, als nur Kommunikation und Marketingentscheider haben meist eine ganze Menge um die Ohren, und eigentlich keine Zeit, aufwändigen Briefings zu schreiben. Und deswegen ist es vermeintlich effektiver einfach mal schnell zum Hörer zu greifen, die Agentur anzurufen und ein neues Projekt einzubriefen. Wie effektiv diese Methode wirklich ist, merkt man spätestens dann, wenn die Agentur mit unbrauchbaren Lösungen kommt, man offensichtlich aneinander vorbeigeredet hatte, missverstanden wurde und nun wertvolle Zeit verloren beziehungsweise verschwendet hat, weil wieder eine Extrarunde gedreht werden muss. Vermeidbare Zeit- und Ressourcenverschwendung auf beiden Seiten. Wenn eine Aufgabe wichtig und ein Problem groß genug ist, um nach professioneller Lösung durch die Agentur zu verlangen, dann investieren Sie doch bitte auch die Zeit in ein anständiges Briefing. Als Belohnung erhalten Sie in der Regel schnell viel bessere Lösungen und sparen sich eigentlich überflüssige und lästige Korrekturrunden.

Fehler 2: Sich nicht ausreichend Zeit für das Briefing nehmen.
Oft wird unter Zeitdruck ein Briefingformular pflichtbewusst, aber lieb- und gedankenlos ausgefüllt, fleissig mit den üblichen, aber unverbindlichen Marketingfloskeln befüllt und an die Agentur gemailt. Geschafft! Der Ball liegt im fremden Garten und man kann sich wieder vermeintlich wichtigeren Aufgaben widmen. Aber haben Sie die Zielsetzung wirklich präzise formuliert? Haben Sie Ihrer Agentur die wichtigsten Erkenntnisse (Insights) über Ihre Zielgruppe vermitteln können? Weiß die Agentur um die maßgeblichen Rahmenbedingungen? Haben Sie sich versichert, dass die andere Seite auch alles richtig verstanden hat und Fehlinterpretationene ausgeschlossen? Je mehr Zeit Sie sich genommen haben, je klarer Ihr Briefing durchdacht ist, je präziser Sie nachgefragt haben, umso größer die Chance, brauchtbare, wirklich innovative wie effektive Lösungen zu bekommen.

Fehler 3: Das Briefing für die falsche Zielgruppe zu schreiben.
Wenn Sie Ihr Briefing schreiben, denken Sie bitte immer daran, für wen sie es schreiben. Sicher ist Ihnen schon aufgefallen, dass Kreative in der Regel ein wenig anders ticken, als Ihre Kollegen im eigenen Unternehmen. Aber genau diese Kreativen wollen Sie ja dazu motivieren, die Herausforderung anzunehmen, sich ins Zeug zu legen und brillante Lösungen für Ihr Kommunikationsproblem zu entwickeln. Ernsthaft: Mit dem üblichen Marketing-Bullshit-Bingo können Sie vielleicht Ihre Kollegen noch beeindrucken, bei der Agentur kommen Sie damit aber einfach nicht weiter. Schreiben Sie Ihr Briefing so, dass die Kreativen Ihrer Agentur richtig Lust bekommen, die kniffelige Aufgabe zu lösen. In verständlichen, menschlich formulierten Sätzen, am besten ganz ohne die üblichen Marketingfloskeln. Kleben Sie nicht an irgendwelchen Formularen, die man in Ihrem Unternehmen vielleicht schon immer nutzt. Fragen Sie Ihre Agentur, in welcher Form sie das Briefing gerne hätte. Was denen wichtig ist. Und vermeiden Sie Information-Overload, bei dem Ihre Agentur den Wald vor Bäumen nicht mehr sieht. Die goldene Regel: So viel, wie nötig, aber so wenig wie möglich ins Briefing.

Fehler 4: Marketing-, statt Kommunikationsziele zu setzen.
Als Marketingentscheider denken Sie ganz natürlich in Marketingzielen. Normal. Also Umsätze steigern, Distribution ausbauen, Wiederkaufsraten anheben, Kundenloyalität erhöhen etc. Kommunikation ist ein probates Mittel solche Marketingzeile erreichen zu können, aber Kommunikationsprofis brauchen Kommunikations-, nicht Marketingziele. Entscheiden Sie, wie Kommunikationsmaßnahmen konkret dazu beitragen können, bestimmte Marketingziele zu erreichen. Zum Beispiel indem sie helfen, Vorurteile abzubauen, informieren, Interesse oder Begehrlichkeit wecken oder bestimmte gewünschte Handlungen auslösen.

Fehler 5: Das Papier mit einem ordentlichen Briefing verwechseln.
In meinen Briefing-Trainings (www.kontakterschule.de) sind die meisten Teilnehmer immer besonders überrascht zu hören, dass ein Briefing nicht nur ein Dokument, sondern vielmehr ein Meeting, eine zwischenmenschliche Interaktion sein sollte. Im Rahmen dieser Zusammenkunft gilt es, die Agenturstrategen und -kreativen in die Lage zu versetzen, aber auch sie zu motivieren, die anstehende Aufgabe optimal zu lösen. Briefing-Meetings sind Ihre Chance mögliche Fragen zu klären, aber auch die Dienstleister für die anstehende Aufgabe zu begeistern. Nur so steigern Sie Ihre Chance auf die wirklich besten Lösungen.

Fehler 6: Keine gemeinsamen Beurteilungskriterien vereinbaren.
Klären Sie bereits im Rahmen des Briefings, anhand welcher konkreter Kriterien, Sie später beurteilen wollen, ob eine erarbeitete, präsentierte Lösung aus Ihrer Sicht richtig oder falsch, gut oder schlecht ist. Sie erleichtern Ihren Kreativdienstleistern die Arbeit, erhöhen Ihre Chance brauchbare, perfekte Lösungen präsentiert zu bekommen und schaffen das Fundament für geschätzte, konstruktive Kritik. Eine gute Basis zur Beurteilung kreativer Lösungsvorschläge sind zum Beispiel die sieben Kriterien des Art Directors Club Deutschland (ADC) zur Jurierung der besten Arbeiten eines jeden Jahres:

  • Originalität - Ist die Arbeit neu und originär, durchbricht sie Normen?
  • Klarheit - Ist die Arbeit leicht erfassbar, werden ihre Inhalte sofort begriffen?
  • Überzeugungskraft - Werden die Argumente für das Produkt oder Objekt glaubhaft wiedergegeben?
  • Machart - Ist die Arbeit handwerklich überzeugend, stimmen alle Einzelteile und bilden sie ein homogenes Ganzes?
  • Freude - Macht es Spaß, die Arbeit anzuschauen, zu hören oder anzufassen?

    Und noch eine Ergänzung von meiner Seite, die der ADC leider vergessen hat:
  • Relevanz - ist die Botschaft bedeutsam für die Zielgruppe und wird die Zielgruppe ihr eine ausreichende (situationsbezogene) Wichtigkeit beimessen?

Fehler 7: Brillante Lösungen aufgrund mittelmäßiger Briefings zur Strecke bringen.
Es kommt immer wieder einmal vor, dass Ihre Kreativen eine Lösung präsentieren, die zwar nicht alle Briefing-Kriterien erfüllt, sich aber irgendwie verdammt richtig anfühlt und Potenzial erkennen lässt. Und auch, wenn Sie nicht wirklich alle Kriterien Ihres Briefing abhaken können, hören Sie auf ihren Bauch. Vergessen Sie für einen Moment Ihr Briefing-Dokument und geben Sie der Lösungen eine Chance, die sich für Sie richtig anfühlt. Briefings sind kein Dogma, sondern schließlich nur ein Mittel zum Zweck.

Wenn Sie oder Ihre Mitarbeiter lernen möchten, wie man richtig gute Briefings schreibt und inszeniert und wie man seine Agenturen und Kreativdienstleister zu brillanter Arbeit motiviert, buchen Sie den New Business Doctor doch einfach für ein Briefing-Training.