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Besser-Pitchen (3):Warum kein Pitch manchmal der bessere Pitch ist.

Urheber : gonewiththewind | 123rf Lizenzfreie Bilder

Dass beziehungsweise warum der klassische Full-Size-Pitch nicht immer das gelbe vom Ei ist – für Werbungtreibende, wie für Agenturen – habe ich in meinem Beitrag "Besser-Pitchen (2.): Warum der gute, alte Pitch zwar alt, aber nicht immer gut ist" ja schon versucht zu erklären. Dort habe ich auch aufgelistet, für wen eine alternative Form des Pitches mit Sicherheit eine echte Option wäre.

Agenturen, die es inzwischen satt haben, ihre wertvollen kreativen Ressourcen in zahllosen oft unbezahlten Pitches zu binden, statt besser Lösungen für zahlende Kunden zu erarbeiten, sind gegenüber neuen, Alternativen ohnehin offen, wissen aber oft nicht, wie sie ihre potenziellen Kunden davon überzeugen können, einen anderen Weg einzuschlagen, potenzielle Agenturpartner auf Herz und Niere zu prüfen. Auch denen sei hier hoffentlich geholfen.

Beginnen möchte ich die Reihe interessanter Pitch-Alternativen mit dem No-Pitch-Pitch. Denn, wie der Name vielleicht schon verrät, ist kein Pitch manchmal der bessere Pitch.


Der No-Pitch-Pitch.

Wie schon in diesem Zusammenhang erläutert, verursacht ein klassischer Full-Size-Pitch extrem viel Aufwand und bindet wertvolle Ressourcen. Deswegen ist es durchaus sinnvoll, zu prüfen, ob man der bestehenden Agentur nicht noch eine Chance gibt, sich an einer konkreten, neuen Aufgabe zu beweisen, bevor man als Werbungtreibender seine Ressourcen in einen Full-Size-Pitch investiert. Dies gilt natürlich nicht, für Werbungtreibende, die bisher noch keine Agentur hatten (z. B. Start-ups) oder Auftraggeber, die nach einer ergänzenden Spezialagentur für ein bestimmtes Fachgebiet suchen, für das man bisher keine externe Hilfe in Anspruch genommen hatte.

Nicht selten sehe ich Markenartikler den ganzen Aufwand für einen klassischen Pitch betreiben, nur um dann am Ende festzustellen, dass die amtierende Agentur – wenn Sie sich, alarmiert durch die Pitch-Aufforderung wieder mehr Mühe gibt – letztlich doch die besten Lösungen produziert.

Der No-Pitch-Pitch ist also quasi eine Wettbewerbspräsentation ohne Wettbewerb, mit nur einem Teilnehmer: der aktuellen Agentur. Sie verzichten zunächst darauf, alternative Agenturpartner zu screenen und fordern nur die amtierende Agentur auf, eine anspruchsvolle Pitch-Aufgabe zu lösen. So, als wäre man in einem klassischen Pitch. Die amtierende Agentur bekommt die Chance auf einen Neustart, möglicherweise sogar mit einem „frischen“, unbelasteten, hoch motivierten Team.


Wie der No-Pitch-Pitch funktioniert:

  • Starten Sie mit einer Feedback- und Chemistry-Session mit der amtierenden Agentur. Üben Sie als Auftraggeber konstruktive Kritik zu der bisherigen Zusammenarbeit. Erläutern Sie, wie Sie sich eine Zusammenarbeit in Zukunft wünschen, was die Kriterien sind, an denen Sie eine erfolgreiche und angenehme Zusammenarbeit künftig ablesen wollen. Setzen Sie möglichst konkrete, messbare Ziele (Wie Sie Ziele S.M.A.R.T definieren, lesen Sie in einem Whitepaper meiner Kontakterschule [hier]). Geben Sie Ihrer Agentur die Chance, Ihnen zu zeigen, wie man erfolgreich für andere Kunden arbeitet und Vorschläge zu machen, was man an der Zusammenarbeit optimieren könnte und möchte, um die Qualität und den Output zu verbessern.
     
  • Beschreiben Sie im Rahmen einer Briefing-Session eine konkrete Herausforderung sowie präzise Kommunikationsziele und bitten Sie die Agentur um Lösungsvorschläge. Ob Sie dabei mehr Wert auf strategische Ansätze, kreative Lösungsideen oder eine komplette Kampagnenpräsentation legen, entscheiden Sie. Ermutigen Sie Ihre "alte" Agentur die eingefahrenen Wege zu verlassen und ganz frisch an die Lösung zu gehen. Wenn Sie dies möchten, bitten Sie die Agentur explizit ein komplett neues Team auf die Aufgabe zu setzen.
     
  • Ab hier ist der Prozess identisch mit dem klassischen Pitch: Re-Briefing-Meeting, Schulterblick-Meeting und Präsentation. Nur mit deutlich weniger Aufwand für Sie, weil Sie pro Stufe ja jeweils nur ein Meeting (statt sonst mindestens drei) besuchen müssen.
     
  • Wenn Sie (wie übrigens erstaunlich viele Werbungtreibende) am Ende feststellen, dass Ihre amtierende Agentur eine neue Chance redlich verdient hat, fein. Falls nicht, bleibt Ihnen ein weiterer Pitch mit potenziellen Agenturen leider nicht erspart.

Für wen ist der No-Pitch-Pitch interessant?

  • Für Werbungtreibende, die relativ wenig Zeit und Manpower (sowie Budgetmittel) in die Suche nach einem neuen Agenturpartner investieren wollen oder können.
     
  • Werbungtreibende, für die spezifisches Know-how und langjährige Erfahrung (Zielgruppe, Marktumfeld, Produkt, Marke, spezifische Prozesse etc.) von besonders großem Wert sind.
     
  • Werbungtreibende, die Reibungsverluste und Effizienzdefizite, die sich zwangsläufig aus einem Wechsel der Agentur ergeben, fürchten beziehungsweise unter allen Umständen vermeiden wollen.
     
  • Werbungtreibende, die ihrer Agentur eine zweite Chance geben wollen.
     
  • Agenturen, die bereits angezählt sind und einen "echten" Pitch auf jeden Fall vermeiden beziehungsweise ihren Kunden behalten wollen.

Zunächst die Stärken.

  • Der No-Pitch-Pitch spart Ihnen Zeit und sonstige, wertvolle Ressourcen, da Sie auf einen zeitaufwendigen Screening-Prozess komplett verzichten können und statt (in der Regel) jedes Meeting mit mindestens 3 Agenturen abzuhalten, jeweils nur ein Meeting benötigen.
     
  • Der Briefing-Prozess ist in der Regel einfacher, da die amtierende Agentur, Ihre Marke, die relevanten Zielgruppen und die spezifischen Herausforderungen ja bereits sehr gut kennt.
     
  • In der Regel müssen Sie der amtierenden Agentur kein Pitch-Honorar zahlen.
     
  • Ist das Ergebnis zufriedenstellend, verlieren Sie keine Zeit und können mit einem bereits eingespielten Partner neue Projekte zügig angehen.
     

Und nun die Schwächen.

  • Gelingt es der amtierenden Agentur nicht, Sie von der Sinnhaftigkeit eines Neustarts zu überzeugen beziehungsweise können Ihre Bedenken hinsichtlich der Eignung als künftiger Partner nicht ausgeräumt werden, haben Sie wertvolle Zeit verloren und müssen einen Screening- sowie einen weiteren Pitch-Prozess in Angriff nehmen.
     
  • Sie haben keinen Vergleich zu alternativen Agenturen und bleiben im Zweifel darüber, ob alternative Agenturpartner möglicherweise bessere Lösungen gefunden hätten oder besser zu Ihnen und Ihrem Anforderungsprofil passen würden.
     
  • Es besteht die Gefahr, dass die amtierende Agentur, aufgrund fehlenden Wettbewerbsdrucks den Pitch-Auftrag nicht ernst genug nimmt oder schlichtweg nicht aus den Fehlern und der Kritik der Vergangenheit gelernt hat.

Mein Appell an die Entscheider in den Marketingabteilungen Werbung treibender Unternehmen: Wenn Sie mit Ihrer amtierenden Agentur unzufrieden sind, erwägen Sie ernsthaft einen No-Pitch-Pitch, bevor Sie sich in ein ressourcenfressendes Pitch-Abenteuer mit mehreren neuen Agenturen stürzen!

Mein Tipp an Agenturen, die auf der Abschußliste eines Kunden stehen: Schlagen Sie von sich aus einen No-Pitch-Pitch vor und beweisen Sie Ihren Kunden, was Sie noch so drauf haben!


In weiteren Beiträgen dieser Reihe zu lernen Sie die folgenden Pitch-Alternativen kennen:


Und falls Ihnen das alles zu umständlich ist, laden Sie einfach den New Business Doctor auf einen Hausbesuch ein und lassen Sie sich beraten, welche Art von Pitch die richtige für Ihre Anforderungen ist.


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